Figur mit knallblauem Jackett, schwarzen Haaren und Sonnenbrille vor weißer Wand auf der in Schreibschrift steht: "Dreams are my reality"
Bildrechte: © Sandra Then

Mosi dargestellt von Katja Jung

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Er ist wieder da: "Mosi - The Bavarian Dream"

Der Modemacher Rudolf Moshammer war mit seiner schwarzen Perücke und seiner weißen Hündin Daisy einst eine schillernde Säule der Münchner Bussi-Bussi-Gesellschaft. Das Marstall Theater hat ihn wiederbelebt. Bühne frei für "Mosi – The Bavarian Dream".

Über dieses Thema berichtet: Die Welt am Morgen am .

Wer den Zuschauersaal im Marstall betritt, der gehört an diesem Abend kurzzeitig dazu, zur Münchner Schickeria. Das mit schillernden Satin-Outfits sichtlich aufgestylte Ensemble versorgt seine Gäste mit Champagner, als wären sie VIPs bei einer Promi-Gala. Doch eine Laufschrift über der Bühne verkündet im Stil einer Eilmeldung aus dem News-Ticker: "Warnung, die dargestellten Personen und Ereignisse sind frei erfunden." Dann aber: "Warnung, die dargestellten Personen und Ereignisse beruhen auf wahren Begebenheiten."

Das mag zunächst paradox klingen, dieser Spagat aus Realität und Fiktion bildet aber tatsächlich den Kern von Alexander Eisenachs Mosi-Inszenierung: "Verwirrend, oder?", lässt Eisenach Mosi selbst im Stück sagen, und weiter: "Die vielen Bilder von mir. Ich komme auch nicht mehr mit. Es ist gar nicht so leicht, nicht die Wahrheit zu erzählen. Es ist harte Arbeit, immer jemand anders zu sein. Jemand zu sein. Überhaupt zu sein. Ständig muss man die Selbsttäuschung weitertreiben."

Wer ist Rudolph Moshammer, wer will er sein? Eisenach geht es an diesem Abend nicht darum, die Lebensgeschichte des Münchner Modeschöpfers wahrheitsgetreu nachzustellen, ihn interessiert die extravagante Kunstfigur dahinter - der Paradiesvogel, der Märchenkönig. Trotzdem bildet Mosis Biografie das dramaturgische Grundgerüst der Inszenierung. Der Modezar selbst wird von mehreren Ensemblemitgliedern gespielt, die verschiedene Facetten seiner Person verkörpern: Den Sohn eines arbeitslosen Alkoholikers, der von Ruhm und Reichtum träumt; den jungen Geschäftsmann, dem mit seiner Modeboutique auf der Münchner Maximilianstraße der gesellschaftliche Aufstieg in die High Society gelingt und schließlich den Mann im Rampenlicht, dessen opulente Selbstinszenierung Presse und Fans fasziniert.

Rudolph Mooshammer: Geschäftsmann, Modezar, Kunstfigur

Wer Moshammers Leben im Blitzlichtgewitter verfolgt hat, der wird in zahlreichen Ausstattungsdetails Anspielungen darauf entschlüsseln können: von seinem Markenzeichen, den schwarzen hochtoupierten Haaren mit den zwei ins Gesicht fallenden Stirnlocken über eine überdimensionierte Skulptur seiner ständigen Begleiterin, der Yorkshire-Terrier-Dame Daisy, bis hin zu einem Bademantel mit dem Logo der Straßenzeitung BISS als Zeichen für Moshammers Engagement für Obdachlose.

Wer dagegen mit dem Münchner Klatsch und Tratsch weniger vertraut ist, kann den Abend trotzdem ebenfalls mit Gewinn sehen. Eisenach lotet die Grenzen der Selbstdarstellung aus. Dazu lässt er seinen Titelhelden mit Ludwig II. verschmelzen. Mosis Ende wird so lange angepasst, bis es eines Märchenkönigs würdig ist. Im Stück sagt Mosi: "Doch nicht so, so armselig. Das geht doch nicht. Wenn ich gehe, dann will ich nicht wegdämmern, ich will nicht gebrechlich dahinsiechen. Und mich aus dem Leben schleichen. Ich will mit einem Knall gehen. Einem großen Finale. Ich werde mit einem Feuerwerk gehen."

Ein unterhaltsamer und kurzweiliger Theaterabend

Wegdämmern wird man als Zuschauer in Eisenachs grotesk-komischer Inszenierung auf keinen Fall. Auf einer Bühne in der Bühne kommt, wie in einem Schaufenster, der Tatort des Mordes an Moshammer zum Vorschein. Ein Schauspieler in hautengen goldenen Shorts mit Hosenträgern wird zum Pferd, das eine Kutsche auf die Bühne zieht. Für das dazugehörige Hufgetrappel sorgt der Kutscher, der zwei Kokosnussschalen gegeneinanderschlägt.

Auch das fünfköpfige Ensemble glänzt durch ein ausgezeichnetes Zusammenspiel. Besonders hervorzuheben: Lukas Rüppel, der als enthüllender Boulevard-Journalist die unsinnigsten Gerüchte mit der Seriosität eines Nachrichtensprechers vorträgt.

Eisenach ist mit seiner Mosi-Inszenierung ein unterhaltsamer und kurzweiliger Abend gelungen.

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