Bildmontage: Ein Mann schaut stirnrunzelnd aus dem Fenster, es ist der russische Präsident Wladimir Putin, draußen ist eine Rauchwolke zu sehen
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Nach dem Wagner-Aufstand scheint Putin schwach wie nie: Was passiert jetzt in Russland?

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Russland: "Das System kann rasch implodieren"

Ist Putin nach dem Wagner-Aufstand am Ende? Beobachter halten den russischen Präsidenten zumindest für geschwächt. Wird Putin jetzt versuchen, sein System mit aller Macht zusammenzuhalten, auch mit Terror und Gewalt? Possoch klärt!

Über dieses Thema berichtet: Possoch klärt am .

Die Bewertung des Wagner-Aufstands vom vergangenen Wochenende ist im Westen recht einstimmig: Der Anfang vom Ende des Systems Putin sei gekommen. Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik zieht im BR24-Gespräch für das neue "Possoch klärt" (Video oben, Link unten) zwar ein ähnliches Fazit, argumentiert insgesamt aber vorsichtiger: "Wir sehen einen geschwächten Putin, aber wir sehen keinen Putin, der am Ende ist."

Thomas Jäger, Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität Köln, erkennt in dem Wagner-Aufstand einen "ganz wichtigen Punkt in der Entwicklung der Herrschaft Putins". Dessen Stellung werde nun hinterfragt. Die Zweifel wachsen, dass er wirklich noch der starke Mann Russlands ist. Putin werde deshalb "alles dafür tun, dass er wieder in diese Stellung kommt."

"Es wird Säuberungen geben"

Wird es in Russland gar zu einem neuen Großen Terror kommen – wie in den 1930er Jahren unter Stalin? Jäger sieht Ähnliches auf Russland zukommen: "In Russland werden Säuberungen einsetzen. Putin wird dafür sorgen, dass all diejenigen, die illoyal erschienen, in irgendeiner Art und Weise bestraft werden."

Auch Stefan Meister hält das für wahrscheinlich: "Es kann auch sein, dass plötzlich Personen verschwinden und nicht wieder auftauchen oder aus dem Fenster fallen."

Im Video: Putin so schwach wie nie – droht jetzt Chaos?

Nawalny-Stabschef: "Putin nicht mehr Herr der Lage"

Egal, ob jetzt beim überraschenden Wagner-Marsch Richtung Moskau oder der Bewertung der militärischen Situation in der Ukraine: Zahlreiche Indizien deuten darauf hin, dass Putin nicht mehr Herr der Lage ist. Für Leonid Wolkow ist klar, warum: "Putin lebt in einem Elfenbeinturm. Er hat den Bezug zur Realität verloren."

Leonid Wolkow ist ein russischer Politiker, Bürgerrechtler, Dissident und Stabschef des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexei Nawalny. Im BR24-Interview macht er deutlich, Putin habe "die ganze Situation nicht unter Kontrolle". Im Februar 2022 sei er mit dem Motto "Kiew in drei Tagen" in die Ukraine einmarschiert, jetzt marschierten Soldaten der zuvor loyalen Wagner-Miliz Richtung Moskau.

Auch für Stefan Meister ein Symptom dafür, dass das System Putin nicht mehr funktioniert: "Das System ist doch viel schwächer, als wir gedacht haben, es ist viel anfälliger und der Schwachpunkt ist Putin selbst."

"Das System Putin zerfällt"

Russland ist eigentlich eine semipräsidentielle föderale Republik, in der die Bürger Präsident und Parlament wählen. Doch die Realität sieht anders aus: "Am Ende ist Russland eine Autokratie, in der von oben nach unten befehlsmäßig gesagt wird, wie Dinge entschieden werden", sagt Thomas Jäger.

Putins System beruhe darauf, unterschiedliche miteinander konkurrierende Eliten auszugleichen. Dieser Mechanismus sei nun massiv unter Druck geraten, weil viele die Frage stellten: Ist Putin dazu noch in der Lage? Diese Brüche in der Loyalität könnten dafür sorgen, dass das System "eben auch relativ rasch implodieren" kann. Das russische Imperium zerfalle, Putin wolle "diesen Zerfall aufhalten". Das werde weder Putin noch seinem Nachfolger gelingen.

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