Sprachpatin Christina Thüringer mit Schülerinnen an der Wittelsbacherschule in Kempten
Bildrechte: BR / Johannes Hofmann

Als Sprachpatin hilft Christina Thüringer an der Wittelsbacherschule in Kempten.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Problemfach Deutsch: Rentner helfen als Sprachpaten

Lehrkräfte klagen: Es gibt immer mehr Kinder, die kaum oder gar kein Deutsch können. Ehrenamtliche Sprachpaten unterstützen deshalb im Unterricht. Die Wittelsbacher Schule in Kempten nimmt das gerne an – hat aber auch eine Forderung an die Politik.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Christina Thüringer ist 65 Jahre alt und hat in ihrem Leben viel gearbeitet. Eigentlich könnte sie nun ihren Ruhestand auskosten. Doch nach mehr als 20 Jahren im Qualitätsmanagement der Allgäuer Werkstätten hat sich die Rentnerin selbst eine Aufgabe gegeben. Sie will der Gesellschaft etwas zurückgeben: Als sogenannte Sprachpatin unterstützt sie Lehrerinnen und Lehrern beim Unterricht, indem sie einen Teil der Klasse im Nebenraum unterrichtet. Einmal pro Woche ist sie an der Wittelsbacherschule in Kempten. "Am Anfang der Stunde erfahre ich, was auf dem Stundenplan steht, und dann übe ich mit den Kindern Vokabeln und einfache Grammatik", erklärt Thüringer.

Deutschlehrer schätzen Hilfe der Sprachpaten

Damit unterstützt die Rentnerin die regulären Lehrkräfte an der Kemptener Mittelschule. "Mit den Sprachpaten können wir kleinere Gruppen bilden und die Schüler können so viel mehr sprechen", sagt Oliver Pojsl, der an der Wittelsbacherschule Deutsch als Zweitsprache unterrichtet. Es gehe schließlich nicht nur um das Fach Deutsch, sondern um alle Fächer. "Ohne Deutsch verstehen die Schüler auch in den anderen Fächer nichts und nur mit Deutsch können sie sich auch in Deutschland integrieren."

Mehr Kinder ohne Deutschkenntnisse

An der Wittelsbacherschule in Kempten und in den meisten Regionen Bayerns sind die Herausforderungen an den Schulen deutlich gewachsen. "Es gibt immer mehr Kinder, die fast oder gar kein Deutsch können", sagt der Lehrer Gerhard Schneid, der Deutsch als Zweitsprache unterrichtet und sich seit mehr als vierzig Jahren mit dem Thema befasst. Der starke Migrationsanstieg im Jahr 2015 mache sich noch immer bemerkbar. Und auch aufgrund des Kriegs in der Ukraine und wegen des Erdbebens in der Türkei und Syrien seien einige Kinder mehr in den Klassen, die kaum Deutschkenntnisse mitbringen. "Wenn Lehrkräfte mehr als zwei, drei Kinder im Unterricht haben, die kein Wort verstehen, dann wird der Unterricht schwierig bis unmöglich", sagt Schneid.

Die "Not ist groß", sagt Frank Niedermeier, Rektor an der Wittelsbacherschule Kempten. Der Anteil von Schülern ohne Deutschkenntnisse steige und gleichzeitig gebe es zu wenig Lehrkräfte. "Wir sind tatsächlich auf ehrenamtliche Sprachpaten angewiesen." Langfristig brauche es aber dringend mehr Personal, um diese Herausforderungen an Schulen in den Griff zu bekommen.

Malteser suchen weiter nach ehrenamtlichen Sprachpaten

45 Lese- und Sprachpaten sind bei den Maltesern in Kempten aktuell registriert. "Nicht genug", sagt Susanne Hatzelmann, Dienststellenleiterin der Malteser Kempten. "Wir würden gerne noch einige mehr Lese- und Sprachpaten an die elf Grund- und Mittelschulen vermitteln." Viele Rentnerinnen und Rentner würden die neue Aufgabe schätzen und dabei aufblühen.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!